Liebe Mami!
Ich erinnere mich noch an die gemeinsame Zeit mit meinem ersten Freund.
Es waren fast 10 Jahre, die wir zusammen verbracht haben, mit hohen Höhen und tiefen Tiefen (wir sind übrigens noch sehr gut befreundet). Ich hatte immer die Sehnsucht nach vollständiger Offenheit, den Wunsch, dass wir das was wir erleben, das was uns berührt, teilen. Ich hatte den starken Wunsch, über meine Ängste, Unsicherheiten und Zweifel zu sprechen.
Das war auch der Grund, warum ich viele meiner Bekannten nicht verstanden habe. Es gab so viele Dinge, die sie vor ihren Partner versteckten, sie gaben sich so viel Mühe, ihm zu gefallen, sie hatten zu große Angst, ihre angeblich schlechten Seiten zu zeigen. Eine große Angst vor Ablehnung, eine große Angst, dann, wenn sie sich so zeigen wie sie sind, nicht mehr gut genug für den anderen seien.
Ich habe mich damals immer darüber gewundert, dass ich es BRAUCHE, dass offene Miteinander während andere sich so dagegen gewehrt haben.
Im Laufe der Zeit habe ich gelernt es zu verstehen:
Es gibt Menschen, die haben das Gefühl, sie werden nur geliebt, wenn sie ihre Macken nicht zeigen. Sie haben schmerzhafte Angst vor Ablehnung, Angst, dass der andere merken könnte, dass man nicht gut genug ist. Der Schmerz entstand vermutlich in der eigenen Kindheit.
Andere Menschen dagegen trauen sich, sie selbst zu sein, weil sie sich in der Kindheit nicht verstellen mussten, um Liebe, Akzeptanz und Respekt zu bekommen. Bei uns daheim war auch nicht immer alles rosig, es gab Streit, es wurde laut, ich fühlte mich auch immer mal wieder ungeliebt, bin auch beschimpft und Opfer lauter Wutausbrüche geworden – aber der Grundton in unserer Familie war „Du bist wundervoll, so wie du bist“. Deshalb habe ich keine Angst vor Offenheit.
Ich persönlich fühle mich nur dann gesehen, wenn mich jemand wirklich kennt. Wenn dieser jemand weiß, wie ich ungeschminkt aussehe, mich annimmt, auch wenn ich ein zickiges Biest war, mich in den Arm nimmt, weil ich PMS habe und die Welt dunkel und schwer ist. Wie wundervoll es ist, mit jemanden zusammen zu sein, der meine Unsicherheiten, Eigenheiten, Fehltritte kennt und mich dafür nicht bewertet, sondern mich an die Hand nimmt, um mich wieder auf meinen Weg zu bringen (wenn ich es gerade selbst nicht schaffe).
Wenn wir uns Kinder wünschen, die sich ihren Partnern später öffnen, Kinder, die zu ihren Gefühlen stehen, Kinder, die sich nicht schämen, wenn sie ihr Innerstes preisgeben, dann dürfen wir ihnen nicht weh tun, wenn sie sind, so wie sie sind.
Kinder fühlen sich dann nur bedingungslos geliebt, wenn sie sein dürfen, wer sie sind – mit allen Ups and Downs.
Deine Désirée
Liebe Desiree, liebe Frau Ratay,
ganz herzlichen Dank für das, was Sie geschrieben haben.
Sie sprechen mir aus der Seele. Meine Kinder sind zwar schon groß, aber für meine beiden Enkelkinder, Aurelia und Raphael, wünsche ich mir so sehr von
Herzen, dass ihre Eltern ihnen diese wichtige message, Spiritualität, vermitteln.
Ich als Oma würde das tun, wenn ich danach gefragt werden würde. Aber erst mal sind die Eltern dran.
Es ist ein sicherer Hafen!
Viele liebe Grüße
Inge Therkorn